MANIFEST 25-27

Das Theaterhaus Jena ist: alle Menschen, die an und mit dem Theaterhaus arbeiten. Das ist das “Wir” dieses Manifests. Hier veröffentlichen wir unsere Werte, angestrebten Arbeitsweisen und Ziele - als Einladung, an unserer Praxis teilzunehmen und mit uns darüber ins Gespräch zu kommen, sowie als Prüfstein unserer Arbeit.

Das Theaterhaus Jena ist ein Wir, das sich fortschreibt: gemeinsam, solidarisch, experimentell. Durch die Reflexion unserer bisherigen Zusammenarbeit und die Formulierung unserer gemeinsamen Visionen ist dieses überarbeitete Manifest entstanden, das unser Leitfaden für die nächsten zwei Jahre sein wird.

Das Theaterhaus Jena ist

Wir begreifen Theater als künstlerischen Prozess, der in der Öffentlichkeit geschieht und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, um eine Auseinandersetzung mit Inhalten, Arbeitsweisen und Formen zu ermöglichen. Wir setzen dabei auf die Bespielung und Öffnung der Theaterräume auch jenseits des Vorstellungsbesuchs, sowie auf projektbezogene Vermittlungskonzepte als unabdingbaren Teil des künstlerischen Prozesses unserer Produktionen.

Wir machen Theater nach den Visionen, Kapazitäten, Möglichkeiten aller Mitarbeitenden und respektieren individuell gesetzte Grenzen. Wir experimentieren sowohl mit Theaterformen und -ästhetiken als auch in unseren Organisationsstrukturen, stellen uns dabei die Aufgabe, diese zu reflektieren und zu überprüfen. Wir gestalten Räume, die Ausprobieren, Scheitern und Lernen ermöglichen. Räume, die offen sind für Veränderungen.

Wir streben eine Heterogenität der Formen und Inhalte an, die aus unterschiedlichen Perspektiven unterschiedlicher Menschen wächst. Wir fördern die Eigeninitiative aller Mitarbeitenden und die demokratischen Prozesse, die eine gemeinschaftliche Gestaltung unserer Zusammenarbeit und eine Öffnung des Theaterhauses nach außen als Ziel haben. Wir bleiben durchlässig gegenüber Meinungen und Stimmen, die andere Sichtweisen nicht negieren. Unser Verständnis ist intersektional, geprägt von Überschneidungen und Gleichzeitigkeiten. Auf dieser Grundlage suchen wir nach Ungehörtem, Übersehenem und Verdrängtem.

Theater ist nie barrierefrei. Wir betrachten es als unsere Aufgabe, unser Bewusstsein für systemisch bedingte Barrieren zu schärfen, die Zugang zu, Arbeit am und Auseinandersetzung mit Theater erschweren. Barrieren sind nicht nur physisch: Wir verpflichten uns, Prozesse der Weiterbildung und Selbstreflektion über diskriminierungssensible Arbeitsweisen in unsere Strukturen zu integrieren. Wir kommunizieren die erkannten Barrieren transparent und treiben ihren Abbau aktiv voran.

Wir verstehen Transparenz im Arbeitsprozess nicht nur als Austausch von Informationen, sondern als aktive und verantwortungsvolle Einbeziehung der Mitarbeitenden in die Entscheidungsfindung. Wir erkennen dabei unterschiedliche Arbeitsweisen, Bedürfnisse sowie Expertisen an und binden diese in unsere Produktionsprozesse ein. Kommunikationswege und -räume nach innen sowie nach außen zu schaffen und zu pflegen, ist Teil unserer Arbeit.

Theater entsteht gemeinsam: als Aushandlung, als Austausch, als soziale Kunst. Dialoge sind die Grundlage unserer Theaterarbeit. Wir arbeiten mit lokalen, überregionalen und internationalen Akteur*innen und Institutionen zusammen, um Widerstand gegen Vereinzelung zu leisten, um gemeinsamen Herausforderungen zu begegnen und um künstlerisch zu wachsen.

Wir überprüfen unsere Arbeit, unser soziales Miteinander und unsere Ressourcen auf ihre Nachhaltigkeit hin. Wir bilden Netzwerke der Mitnutzung und Wiederverwertung von Materialien für unsere Ausstattungen, wir bleiben offen für jede Erweiterung unserer Netzwerke und für die Bedürfnisse regionaler Akteur*innen. Menschliche Arbeit ist für uns die wichtigste Ressource. Alle sind mitverantwortlich, sie zu achten und zu schützen.

DAS THEATERHAUS ÜBERNIMMT VERANTWORTUNG FÜR

Wir verstehen uns als Teil einer Kulturlandschaft, die Jena, Thüringen, Europa und die Welt umspannt. Kulturlandschaft ist ein Möglichkeitsraum, der unser Miteinander prägt und den wir mitgestalten. Wir verpflichten uns, solidarisch und bewusst mit den Themen umzugehen, die wir bearbeiten, mit den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen und mit den Strukturen, die wir schaffen. Wir bleiben ansprechbar als kulturelle Einrichtung und als Teil der Zivilgesellschaft.

Die Arbeit am Theaterhaus gründet auf der Eigenverantwortung aller Mitarbeitenden für künstlerisches Schaffen und ist gekennzeichnet durch Verbundenheit mit dem Produktionsprozess. Alle Mitarbeitenden können im Einklang mit den Werten und Möglichkeiten des Hauses Inhalte und Formate entwickeln und sie eigenständig durchführen. Durch öffentliche Ausschreibungen und Einbeziehung aller Mitarbeitenden in den Entscheidungsprozessen werden externe Künstler*innen eingeladen, das Programm des Theaterhauses mitzugestalten. Wir pflegen keinen Geniekult und setzen auf persönliche Motivation, Kommunikation und Eigeninitiative.