Leitungsstrukturen und kollektive Theaterarbeit

Podiumsdiskussion

Seit einigen Jahren wird zunehmend das herkömmliche Modell der Theaterleitung kritisiert. Problematisiert wird dabei vor allem die oft sehr hierarchische Struktur der künstlerischen Entscheidungsfindung durch die Leitungsebene, in deren Prozesse sich die restlichen Mitarbeiter*innen des Hauses einfügen müssen. Über Spielpläne und Besetzungen, Regie-Gäste sowie generell die Bühnenumsetzung wird oft nur von Einzelnen entschieden. In diesen Strukturen kommt es zusätzlich zu Diskussionen um Machtmissbrauch.
Auch durch die Arbeit des Ensemble-Netzwerks gibt es immer mehr Theaterhäuser, die es sich zur zentralen Aufgabe gemacht haben zu diskutieren und zu erproben, wie die Art Theater zu leiten reformiert werden sollte. Es treten Leitungsteams an, die sich aus Dramaturg*innen, Regisseur*innen und Schauspieler*innen zusammensetzen; Modelle der Mitbestimmung werden gefunden, wie Vertreter*innen des Schauspielensembles in die Leitungssitzungen aufzunehmen, oder, wie am Theaterhaus Jena, den Großteil der künstlerischen Entscheidungen in Abstimmung mit dem Ensemble-Rat zu fällen.
Das Theaterhaus Jena hat hierbei innerhalb der deutschsprachigen Theaterszene tatsächlich einen eigenen Stellenwert, da die kollektive Leitung hier Tradition hat: Das Theaterhaus Jena als der Haufen, der ausprobieren darf. Welche Schwierigkeiten entstehen trotzdem? Welche Hürden bringt kollektives Arbeiten mit sich, die auch zu Enttäuschung führen können? Wo braucht es doch bestimmte Entscheidungsträger*innen, um Arbeitsprozesse zu vereinfachen? Wie verortet sich künstlerische Autonomie innerhalb dieser Strukturen? Wie hängt die Theaterleitung von der Kulturpolitik ab, wenn das Theater nicht »der experimentierende Haufen« sein darf? Welche Entscheidungen müssen transparent gemacht werden - was hat das mit Arbeitsbedingungen zu tun und wie hängen diese wiederum mit guter Kunst zusammen?

Es diskutierten Lizzy Timmers, Performerin und derzeit Teil des Theaterhaus-Leitungsteams, Henrike Commichau, Schauspielerin und Teil des Ensemble-Rats, Anna Volkland, zur Zeit forschend zu selbstkritischen Transformationsversuchen der Institution Stadttheater durch die Theaterschaffenden selbst und Angela Hausheer, 1993 bis 1997 festes Theaterhaus-Ensemblemitglied, seit 2000 freischaffende Performerin und Künstlerin.
Moderation: Christin Bahnert (Gesellschafterin am Theaterhaus Jena seit 2009, Dramaturgin und Künstlerische Co-Leiterin am Theaterhaus von 2007 – 2011)
Organisation: Hannah Baumann, seit 2022 Dramaturgin am Theaterhaus Jena

 

Mitschnitt vom 09.12.2022

Pressestimmen

Das MDR-Kulturradio, war bei dieser Diskussion anwesend, hier ist der Bericht von Marlene Drexler: